FID-Datenbanken #5 – History of Religiosity in Latin America Online

Ein Erfahrungsbericht von Daniela Celis und Dorothea Köhler

Kürzlich hat der Fachinformationsdienst (FID) Lateinamerika, Karibik und Latino Studies die von Brill vertriebene Datenbank „History of Religiosity in Latin America Online“ erworben. Wir haben uns die Datenbank für Sie etwas genauer angeschaut und stellen Ihnen Umfang und Suchmöglichkeiten im Folgenden vor.

Schwer zugängliche Quellen zur Religiösität in Lateinamerika online verfügbar

Wer sich für die Geschichte der Religiösität im 19. und 20. Jahrhundert, genauer genommen von 1830–1970, in Lateinamerika interessiert, wird in der Datenbank „History of Religiosity in Latin America Online“ fündig. Laut Angabe des Verlages macht die Datenbank erstmals eine Vielzahl von Publikationen und Zeitschriftenartikeln zu lokalem Brauchtum, Synkretismus, religiöser Ikonographie und Poesie, der Pfingstbewegung und weiterer religiöser Gemeinschaften in Lateinamerika online verfügbar. Die 3.163 Monographien und 576 Zeitschriftenpublikationen, die nun im Volltext durchsuchbar sind, stammen aus der Bibliothek des Centro Intercultural de Documentación (CIDOC) in Cuernavaca Mexiko.

Ivan Illich und das CIDOC – Magneten für Intellektuelle aus aller Welt

Das CIDOC war ein wichtiges intellektuelles Zentrum für die Sozialgeschichte Lateinamerikas. 1963 ging es aus einer von dem ebenso wichtigen Theologen Ivan Illich gegründeten Missionarsschule hervor. Neben der Missionarsschule in Cuernacvaca hatte Illich im Auftrag der katholischen Kirche weitere Missionarsschulen in Brasilien und Puerto Rico gegründet. Diese Schulen hatten zum Ziel, vornehmlich nordamerikanischen Missionaren eine fundierte sprachliche Ausbildung zu geben, an die die Vermittlung von soziokulturellen Begebenheiten und lokalem Brauchtum anschloss. Von Anfang an waren in diese Zentren Informationseinheiten integriert, in denen Literatur zu Religion und Brauchtum bereitgestellt wurde, aber das Zentrum in Cuernavaca sollte einen eigenen Weg einschlagen (vgl. Zaldívar 2016, S. 52–60; Hornedo 2019, S. 69–82).

In Cuernavaca beschloss Illich, ein richtiges Dokumentationszentrum, das CIDOC, aufzubauen, das über die oben beschriebene „Grundversorgung“ hinausging. Da Illich eine der führenden intellektuellen Persönlichkeiten und in der sozialen Bewegung engagiert war, entwickelte das CIDOC schnell internationale Strahlkraft. Wer sich für eine kritische Auseinandersetzung mit den sozialen Umbrüchen in Lateinamerikas engagierte und interessierte, kam ans CIDOC; unter ihnen berühmte Schriftsteller und Intellektuelle wie Octavio Paz, Paulo Feire, Paul Goodman und weitere (vgl. Zaldívar 2016, S. 11–29).

Cover von Jon Igelmo Zaldívar (2016), Desescolarizar la vida, Madrid: Enclave de libros. In diesem Buch geht es um das Wirken Ivan Illichs in Lateinamerika.

Die Sammlung des CIDOC – eine Fundgrube für Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Fachrichtungen

Schnell erlangte auch die von Valentina Borremans geleitete Bibliothek internationales Renommee: hier wurden unikale, schwer erhältliche Materialien zur Religions- und Sozialgeschichte Lateinamerikas für die Forschung bereitgestellt. Forschr;innen reisten aus aller Welt an, um am CIDOC zu forschen. Das Zentrum sammelte sowohl publizierte Materialien, als auch nicht publizierte Materialien. Diese haben nun in die Datenbank „History of Religiosity in Latin America Online“ Eingang gefunden. Wegen der Vielfalt der gesammelten Publikationen spricht die Datenbank nicht nur Theologen an, sondern ist auch für Soziologen, Anthropologen, Historiker sowie Sozialpsychologen ein wichtiges Forschungsinstrument. Als Fundgrube hält die Datenbank wichtige nicht-publizierten Materialien wie Hirtenbriefe, Gemeindeschriften, Flugblätter, Kongressakten, die Korrespondenz einzelner Gemeinden für Forschungsfragen aus unterschiedlichen Richtungen bereit.

Jedoch würde man sich wünschen, das die Metadaten in der Datenbank diesbezüglich besser wären: Es ist beispielsweise nicht möglich nur nach Fotografien zu suchen. Alles wird als „Monograph“ ausgewiesen. Das zeigt eine Sammlung von Dokumenten zum 250-jährigen Bestehen der Parroquia de Villa del Rosario (Argentinien): Hier werden Briefe, Zeitungsausschnitte und Fotografien allein mit der Kategorie „Monograph“ beschrieben.

Das Bild zeigt einen Eintrag aus der Datenbank „History of Religiosity in Latin America Online“

Leider macht Brill keine Angaben dazu, ob auch andere Dokumenttypen in der Datenbank abrufbar sind. Speziell interessiert hier die umfangreiche Bibliographie zu Lateinamerika, die am CIDOC erstellt wurde (vg. Zaldívar 2016: S. 64), sowie die hauseigenen Publikationen des Zentrums (ebd.  67–88) .

Einstiege in die Daten

Der Einstieg in die Datenbank erfolgt entweder über die Startseite oder direkt über die Erweiterte Suche „Advanced Search“. Wir empfehlen Letzteres: Die Startseite bietet zwar einen Einstieg über die einzelnen Länder an. Jedoch ist die Liste der Länder nicht vollständig. Eine Länderliste kann auch über die „Advanced Search“ generiert werden.

„History of Religiosity in Latin America Online“, Ansicht der Erweiterten Suche, „Advanced Search“

Die „Advanced Search“ bietet die Möglichkeit, kombinierte Suchen zu tätigen, d.h. es kann gleichzeitig nach Dokumenten aus mehreren Ländern gesucht werden. Auch kann man nach Zeitraum oder Sprache suchen und auch hier mehrere Suchschlüssel kombinieren, wie das Beispiel zeigt.  

Nutzung auf Dokumentebene

Auf Dokumentebene bietet die Datenbank sehr gut strukturierte Nutzungsmöglichkeiten. So kann das Dokument links durchsucht werden, entweder per Volltextsuche über „Search“ oder die Dokumentseiten können gebrowst werden unter „Contents“.

Ansicht Dokumentebene Datenbank „History of Religiosity in Latin America Online“

Am rechten Bildrand oben, befinden sich Button, die das Herunterladen von einzelnen Seiten oder Seitenbereichen (Download), das Ausschneiden von Textpassagen (Copy) , die Übernahme der Referenz in Zitationssysteme (Citation) sowie das Ausdrucken (Print) ermöglichen.

Unser Fazit

Die Datenbank ist aus unserer Sicht auf Grund der Vielzahl der Materialien sehr zu empfehlen. Auch wenn die Metadaten verbesserungswürdig sind, empfehlen wir Forschenden unterschiedlicher Fachbereiche sehr, diese Datenbank anzuschauen.  Wenn Sie Ihre Erfahrungen mit dieser oder anderen Datenbanken von Brill mit uns teilen wollen, nutzen Sie gerne die Kommentarfunktion.

Quellenangaben

Braulio Hornedo (2019), El rebelde Ivan Illich, Guadalajara: La casa del mago.

Jon Igelmo Zaldívar (2016), Desescolarizar la vida. Ivan Illich y la crítica de las instituciones educativas, Madrid: Enclave de libros.