Recherchetipp: Künstlerbücher, Comics, Zines und editoriales cartoneras im OPAC finden

Bunte Cover von Comics und cartoneras sowie Auszüge aus den Beständen des Ibero-Amerikanischen Institut.
Comics und cartoneras aus den Beständen des IAI, von links nach rechts: Virus Tropical (Powerpaola), Manuel (rodrigo), Soluções providenciais (Dulcinéia Catadora), Arquipélago (Dulcinéia Catadora), Auszug aus Amazonas (Powerpaola) und La Mano del Pintor (María Luque).

Zeugnisse der Populärkultur Lateinamerikas, Spanien und Portugal gehören zu den Sammlungsschwerpunkten des IAI. Diese Zeugnisse finden sich nicht nur in den Sondersammlungen, sondern sind Teil der Buchsammlung und damit über den OPAC zugänglich. Das IAI beherbergt eine umfangreiche Spezialsammlung künstlerisch gestalteter Medien in seinen Magazinen. Da Nutzerinnen und Nutzer solche Materialien womöglich eher in einer Sondersammlung oder Spezialbibliothek mit künstlerischer Ausrichtung verorten würden, soll folgender Beitrag Recherchewege zu diesen Materialien im OPAC des IAI aufzeigen.

Künstlerisch gestaltete Medien am IAI

Mit künstlerisch gestalteten Büchern sind Medien gemeint, bei denen die Informationsvermittlung nicht allein im Vordergrund steht. Es sind vielmehr Medien, die als eigene Kunstwerke zu begreifen sind und sich so von „herkömmlichen Büchern“ unterscheiden (vgl. Grünangerl 2019, S. 8–10). Neben Künstlerbüchern zählen zu dieser Art von Beständen am IAI die umfangreiche Sammlung von historischen und zeitgenössischen Comics, Fanzines, Graphzines und Graphic Novels aus Lateinamerika, Spanien und Portugal und die Sammlung der editoriales cartonera.

Die editoriales cartoneras sind ein wichtiger Trend der lateinamerikanischen Populärkultur: es handelt sich um in kleinen, nicht profitorientierten Verlagen und Kooperativen entstandene Publikationen junger Autor:innen und Künstler:innen. Oft sind diese Publikationen als Teil sozialer Projekte entstanden und werden auf der Straße und auf Märkten verkauft. Die Bücher werden von Hand hergestellt, die Einbände bestehen aus recycelten Materialien und Karton, die den mit Altpapier handelnden Obdachlosen abgekauft werden, daher „cartonera“. Das IAI sammelt diese Literatur seit ihrem Aufkommen in Argentinien 2003.

Wie können künstlerisch gestaltete Medien erkundet werden?

An Bestände künstlerisch gestalteter Medien nähern sich Nutzende anders, als an den herkömmlichen Bestand. So beschreibt Stefanie Grünangerl (2019, S. 24–37), dass am Anfang einer Recherche nach solcher Art Medien nicht selten Wunsch steht, sich der Sammlung erst einmal visuell zu nähern und sich treiben zu lassen. Konkrete Suchanfragen nach Autoren und Titeln kommen seltener vor. Das mag auch darin begründet sein, dass künstlerisch gestaltete Medien eine Zielgruppe ansprechen, die über die Fachwissenschaftler:innen hinausgeht: Potentiell sind auch Forschende mit buch- und medienwissenschaftlichen Hintergrund sowie Kunsthistoriker:innen, Künstler:innen selbst und Liebhaber dieser Kunstgattung eine Zielgruppe.

Die Möglichkeit solche Bestände blätternder Weise durch das Browsen am Regal zu erkunden, wäre optimal, scheidet aber für die meisten Bibliotheken aus. Im Katalog des Ibero-Amerikanischen Instituts wird eine visuelle Orientierung über die Scans der Cover ermöglicht.

Katalogansicht: Katalogeintrag angereichert mit einem Scan des Cover.

Wie kann man sich nun einen Überblick über die Spezialsammlungen künstlerisch gestalteter Medien des IAI verschaffen? Es bietet sich an, eine Recherche mit der Funktion Erweiterte Suche durchzuführen. Hier können Schlagworte kombiniert werden und die Suche kann sowohl geographisch, als auch zeitlich eingegrenzt werden.

Mit der Erweiterten Suche nach Comics recherchieren

Im Hinblick auf eine Recherche nach Comics sollte man wissen, dass die bibliothekarischen Regelwerke bislang  die Gattung nicht in all ihrer begrifflichen Feinheit abbilden können: So stand im Regelwerk Ressource Description and Access (RDA), dem Regelwerk mit dem am IAI katalogisiert wird, lange Zeit für Werke der Gattung Comic nur „Comic“ zur Beschreibung der Art des Inhalts zur Verfügung, vor einiger Zeit erst ist „Graphzine“ hinzugekommen. Weitere Gattungsterme wie „Zine“, „Fanzine“ etc. werden, nach Möglichkeit auf Schlagwortebene hinzugefügt. Da sich die Begrifflichkeiten in diesem sehr dynamischen Kunstbereich schnell ändern, kann es sein, dass z.B. nicht lückenlos alles als Graphzine erfasst und suchbar ist, was auch eines ist, weil die neuen Begrifflichkeiten zeitversetzt als Schlagworte im Katalog aufgenommen werden. Es bietet sich also an, eine Recherche möglichst breit zu beginnen und Schlagworte zu kombinieren. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen.

Wir suchen Comics, die zwischen 2008 bis 2010 in Argentinien erschienen sind.

Erweiterte Suche Comics aus Argentinien 2008–2010
Mit der Erweiterten Suche nach Comics aus Argentinien recherchieren.

Um zum gewünschten Suchergebnis zu kommen, wählt man im OPAC die Erweiterte Suche. Dann wählt man im ersten Suchfeld in der Dropdown-Liste den Suchschlüssel [SWW] Schlagwort aus und schreibt in das Suchfeld Comic. Das Feld Erscheinungsjahr grenzt den Suchzeitraum ein. Das betreffende Land kann ebenfalls über ein Dropdown ausgewählt werden. Zuletzt wird bei Medienart das Häkchen bei Bücher gesetzt. Alternativ können Sie das Schlagwort Comic durch folgende Schlagwörter ersetzen:

  •  [Comics, Comic Strips (Comicstrip), Graphic novels, Karikatur, Bildergeschichte, Cartoon, Humor, Graphzine, Zines]

Verlagsbezeichnungen führen zur editoriales cartonera-Sammlung

Für Publikationen aus dem Bereich editoriales cartonera gibt es bislang noch kein eigenes Schlagwort. Das liegt daran, dass wir es hier mit einer neuen Gattung zu tun haben, die 2003 als subkulturelles Phänomen in Argentinien beginnt und dann in anderen Ländern des Kontinents sowie in anderen Teilen der Welt aufgegriffen wird. Gattungsterme bilden sich erst allmählich heraus, deswegen, werden sie vom Katalog des IAI noch nicht abgebildet.

Sucht man nach Publikationen der editoriales cartoneras, muss man sich auf andere Weise den Beständen nähern: und zwar über eine erweiterte Suche, bei der man die Veröffentlichungsangaben mit zeitlicher und räumlicher Eingrenzung kombiniert. Da diese Verlage sich selbst mit dem Adjektiv „cartonera“ bezeichnen, sucht man in der Veröffentlichungsangabe nach „cartonera“. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen.

Wir suchen nach Publikationen von cartonera-Verlagen aus Mexiko.

Erweiterte Suche Publikationen cartonera-Verlage Mexiko
Mit der Erweiterten Suche nach Publikationen von cartonera-Verlage aus Mexiko recherchieren.

Die Recherche wird ebenfalls in der erweiterten Suche begonnen. Als erstes Suchfeld wählt man „[VER] Veröffentlichungsangaben“. Dann schränkt man die Suche geographisch auf Mexiko ein und setzt das Häkchen bei Medientyp Bücher.

Da es theoretisch auch sein kann, dass sich nicht Verlage mit „cartonera“ bezeichnen, ist empfohlen solch eine Suche mit Sekundärliteratur abzustützen, z.B. Dulcinéia Catadora aus Brasilien und Yiyi Jambo aus Paraguay. Empfohlen seien hier das 2009 erschienene Verzeichnis Akademia Cartonera: a primer of Latin American cartonera publishers = Akademia Cartonera : un ABC de las editoriales cartoneras en América Latina von editoriales cartoneras, herausgegeben von Ksenija Bilbija und Paloma Celis Carbajal oder der Sammelband ¿Nuevas formas de literatura subalterna?: las editoriales cartoneras como plataforma para las voces marginadas (2021), herausgegeben von Jania Kudaibergen und Marco Thomas Bosshard.

Und Künstlerbücher?

Für die Gattung der Künstlerbücher gestaltet sich die Recherche ähnlich. Wie bei den Graphzines steht denjenigen, die katalogisieren, erst seit Einführung des Regelwerks RDA „der Begriff Künstlerbuch“ zur Beschreibung der Art des Inhalts zur Verfügung. Seit 2015 wird am IAI RDA als Regelwerk verwendet. Das IAI hat bereits früh begonnen, Künstlerbücher des Verlags Ediciones Vigía aus Cuba zu sammeln. Daher besteht auch hier die Möglichkeit, zusätzlich zur Schlagwortsuche nach „Künstlerbuch“ mit dem Suchschlüssel [VER] Veröffentlichungsangabe nach Ediciones Vigía zu recherchieren.

Ein Hinweis zum Schluss: Viele der beschriebenen Medien zeichnen sich durch besonders gestaltete Einbände, fragile Materialien und dadurch aus, dass sie teilweise nur aus wenigen Blättern bestehen. Diese Eigenschaften stellen besondere Anforderungen an die Aufbewahrung im Magazin; i.e. es müssen Aufbewahrungskästen angefertigt werden, die Medien müssen zusätzlich eingebunden werden und ähnliches. Darum kümmert sich am IAI mit viel Sorgfalt und Akribie die Buchbinderin und schafft somit wichtige Voraussetzungen dafür, dass die Medien auch für nachfolgende Generationen zugänglich sind. Aus diesen Gründen können die Medien oftmals erst verzögert bereitgestellt werden. Wir bitten um Verständnis, falls Sie länger auf diese besonderen Medien warten müssen.

Wenn Sie etwas dringend benötigen, können Sie uns jederzeit unter info@iai.spk-berlin.de oder persönlich vor Ort ansprechen.

Viel Spaß beim Entdecken!

Verweise

Ksenija Bilbija & Paloma Celis Carbajal (2009), Akademia Cartonera: a primer of Latin American cartonera publishers = Akademia Cartonera : un ABC de las editoriales cartoneras en América Latina von editoriales cartoneras, madison, Wisconsin: Parallel Press.

Stefanie Grünangerl (2019), Jenseits der Information: Künstlerbücher und ihre Vermittlung in Bibliotheken, Archiven und Museen. Masterarbeit Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften, Technische Hochschule Köln Online unter https://publiscologne.th-koeln.de/frontdoor/deliver/index/docId/1505/file/MA_Gruenangerl_Stefanie.pdf [Zugriff 04.11.2022]

Jania Kudaibergen & Marco Thomas Bosshard (Hg.) (2021), ¿Nuevas formas de literatura subalterna?: las editoriales cartoneras como plataforma para las voces marginadas, Berlin: Verlag Walter Frey.